Wie Unkraut auf dem Radieschenfeld, goldige Ferkel, Traktorreifen, Kartoffelfelder und frische Eier Kinder freiwillig und begeistert zum Rechnen bringen
Die Klasse 2a und die Klasse 2b der Grundschule Mering Luitpoldstraße haben richtiges Glück: An diesem sonnigen Maitag dürfen sie ihr Klassenzimmer ins Freie verlegen – genauer gesagt in den Oswald Hof nach Steinach. Ihre Lehrerinnen Gabi Binkert und Anette Heuck haben sich für das Programm „Schule geht auf den Bauernhof“ beworben, das Christine Blank vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten mitgestaltet hat. Waltraud Oswald-Failer und ihr erwachsener Sohn Quirin erwarten die Kinder schon in einem Hofteil außerhalb von Steinach, denn gleich wird es auf die Felder gehen. Es soll ein Tag werden, an den sich die Kinder ihr Leben lang erinnern, hofft Christine Blank.

Waltraud zeigt den Kindern die Gemüsefelder und lehrt ihnen, wie man ganz leicht ohne Meterstab die Größe eines Feldes ausmessen kann. Die Kinder üben gerade das Einmaleins und so bietet es sich an, dass sich auch ganz schnell ausrechnen lässt, wie viele Pflanzen auf einem Quadratmeter wachsen. Ganz geschickt lässt Waltraud immer wieder Sachwissen über das Gemüse einfließen, erklärt den Unterschied zwischen Zwiebelgewächsen und anderem Saatgut und macht die Kinder auf die zurzeit recht trockene Erde aufmerksam. Sie freut sich, als ihr eine Schülerin sagen kann, dass das Gewächs in dem Nachbarbeet eine Rote Beete ist – obwohl diese Pflanzen Mitte Mai natürlich noch recht klein sind. Selbstverständlich muss auf den Feldern Unkraut gejätet werden. „Aber natürlich muss ich wissen, wie lange das ungefähr dauert – wir sind ja nicht so viele auf dem Hof“, erklärt Waltraud. Die Kinder nicken verständnisvoll.
Zwar rechnen sie erst bis 100 – aber sie kennen den Erweiterungstrick mit der „Null“ und damit können sie richtig große Zahlen errechnen. Auch die Uhr kennen sie schon – und so können sie mit vereinten Kräften tatsächlich berechnen, wie lange es dauern würde, das Radieschenfeld zu jäten. Binkert ist stolz auf ihre Schützlinge und freut sich, dass sie das Gelernte so praxisnah umsetzen können. Nach dieser Leistung marschieren sie selbst auf den Oswaldhof zu den Tieren.

Die Kinder machen unter dem großen schattigen Walnussbaum genüsslich Brotzeit, bewundern den kleinen kunterbunten Ziergockel, streicheln die Katzen oder sehen den Hasen beim Mümmeln zu.
Und die nächste Attraktion wartet schon: Landwirt Andreas Oswald hat zum Entzücken der Kinder eine Muttersau mit ihren winzigen, knapp eineinhalb Wochen alten Ferkeln in einen großen Hänger gesetzt: Die tiefenentspannte Muttersau kümmert sich seelenruhig um ihre Sprösslinge, während die Kinder die Füßchenanzahl der Ferkel und die Ohren ausrechnen. Unvergesslich der Moment, als Andreas Oswald eines der Ferkelchen hochnimmt und jedes der Kinder das kleine Wesen streicheln darf.
Doch auch Traktorfans kommen auf ihre Kosten. Christine Blank hat einen kleinen Infostand vorbereitet. Die Futter- und Trinkmenge für die Hühner für einen Tag kann man hier genau sehen und erfahren, dass das Huhn eben nicht jeden Tag ein Ei legt – und Sonntags schon gar nicht manchmal zwei. Auch, dass man von 1m² Acker 4 kg Pellkartoffeln oder 12 Portionen Pommes oder sogar nur vier Tüten Chips bekommen würde, erfahren die Kinder.


Quirin begleitet die kleinen Bauernhofentdecker noch zu den Hühnern. Eine ganze Menge gibt es hier ausrechnen – wie viele Eier sich im Karton befinden oder in den gestapelten Eierwaben, die nach verschiedenen Größen sortiert sind. Wie man Eier am schnellsten sortiert, zeigt ihnen Quirin auch: Eine Eiersortiermaschine haben selbst ihre Lehrerinnen noch nicht gekannt.
Zum Abschluss dürfen alle noch die Hühner besuchen. Quirin erlaubt sogar, dass zwei Hühner auf den Arm genommen werden dürfen – und da werden selbst die wildesten Fußballer zu ganz behutsamen Hühnerflüsterern.
Gabi Binkert und Anette Heuck sind begeistert, dass die Kinder einen so lehrreichen, schönen Tag auf dem Bauernhof erleben durften: „Es ist wichtig, so komplexe, anschauliche Erfahrungen machen zu dürfen.“
Text und Bilder von Christina Riedmann Pooch